Die Grundsteine einer jeden sportlichen Disziplin bilden unsere koordinativen Fähigkeiten. Doch nicht nur Sportler sollten Wert auf die Ausbildung ihrer Koordination legen, auch Kleinkinder haben einen enormen Vorteil, wenn sie frühzeitig ihre koordinativen Fähigkeiten trainieren.
Was sind die Koordinativen Fähigkeiten?
Im Allgemeinen kann man koordinative Fähigkeiten als Zusammenspiel aller Sinnesorgane, dem peripheren und zentralen Nervensystem und der Skelettmuskulatur bezeichnen. Je harmonischer dieses Zusammenspiel ist, um so ökonomischer und kraftschonender sind die Bewegungsabläufe. Eine gute Koordination spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Sturz- und Verletzungsprophylaxe. Im Speziellen unterscheidet man 7 grundlegende koordinative Fähigkeiten:
- Gleichgewichtsfähigkeit
- Orientierungsfähigkeit
- Differenzierungsfähigkeit
- Rhythmisierungsfähigkeit
- Umstellungsfähigkeit
- Kopplungsfähigkeit
- Reaktionsfähigkeit
Koordinationstraining kann die schulische Leistung unserer Kinder verbessern
Bereits 2011 veröffentlichte die Zeitschrift „Sportunterricht“ (vgl. Sportunterricht (2011), Heft 10) eine Metaanalyse, in der eine Vielzahl an Studien untersucht wurden, die sich mit dem Thema „Koordinationstraining für Schüler und Vorschulkinder und deren Auswirkung auf ihre schulischen Leistungen (kognitive Fähigkeiten)“ beschäftigten. Dass sportliche Aktivität einen positiven Einfluss auf unser Gedächtnis hat, wurde bereits in mehreren Studien bestätigt. Welchen Einfluss einem Koordinationstraining zugeschrieben werden kann, war bis dato jedoch nahezu unerforscht. Die herangezogenen Studien wurden in zwei Bereiche kategorisiert. Zum Einen wurden die Auswirkungen eines kurzzeitigen Koordinationstrainings untersucht, zum Anderen die Einflüsse eines mehrwöchigen, regelmäßigen Koordinationstrainings analysiert.
Das Ergebnis dieser Auswertung war, dass ein kurzzeitiges Koordinationstraining kurzzeitig positive Effekte auf die kognitiven Leistungen von Schülern und Vorschulkindern hat. Kurzzeitig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Kinder kurz vor den jeweiligen Aufgaben koordinative Übungen absolvierten. Aufgrund dieser Ergebnisse macht es durchaus Sinn, in Unterrichtspausen sogenannte „bewegte aktive Pausen“ zu etablieren, in denen die Kinder kleine koordinative Übungen durchführen können. Interessanter ist jedoch das Ergebnis der mehrwöchigen Koordinationstrainingsstudien. Hier war der Trend erkennbar, dass ein langfristiges Koordinationstraining auch langfristig positive Einflüsse auf die schulischen Leistungen von Kindern zu haben scheint. Beispielsweise wurde beobachtet, dass Vorschulkinder mit einer gut ausgebildeten Hand-Augen-Koordination scheinbar in der Grundschule bei den Fächern Deutsch (Lesekompetenz) besser sind, als Schüler mit einer schlechteren Hand-Augen-Koordination. Eine Erklärung der positiven Zusammenhänge zwischen guten schulischen Leistungen und guter Koordination könnte sein, dass das Erlernen von neuen Bewegungsabläufen für das Gerhirn ein komplexes Zusammenspiel aus Informationsaufnahme, -speicherung und die -erarbeitung darstellt. Gleiche Prozesse laufen auch beim Erlernen von fachlichen und methodischen Inhalten in der Schule ab, sodass davon ausgegangen werden kann, dass sowohl bei koordinativen als auch kognitiven Leistungen gleiche Hirnareale angesprochen werden und diese damit direkt zueinander in Verbindung stehen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass koordinative Lernleistungen kognitive Lernleistungen positiv beeinflussen.
Weiß man nun um diesen Zusammenhang, ist festzustellen, dass Eltern viel zur Entwicklung ihrer Kinder beitragen können, wenn sie die koordinative Ausbildung ihrer Kinder bereits in frühen Jahren fördern.
Wie kann ich mein Kind koordinativ fördern?
Häufig denkt man bei Koordinationstraining an das klassische Lauf ABC mit Knieheber, Hopserlauf und Anferseläufe. Doch gerade für Kinder gibt es einfachere Wege, die koordinativen Fähigkeiten zu trainieren. Schon das Erlernen verschiedener Sportdisziplinen trägt dazu bei, dass viele koordinative Fähigkeiten geschult werden. Skifahren, Radfahren, Schwimmen, Werfen, Ball spielen, Balancieren, Klettern sind nur einige Beispiele, um auf einfache Art und Weise Gleichgewichtsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit & Reaktionsfähigkeit zu trainieren. Auch Mannschaftssportarten wie z.B. Basketball oder Volleyball schulen viele Teilbereiche unserer Koordination wie z.B. die Differenzierungsfähigkeit, die Orientierungsfähigkeit und Umstellungsfähigkeit.
Nicht nur Kinder profitieren von einer guten Koordination
Fazit:
Bereits in jungen Jahren sollten Eltern ihre Kinder mit den unterschiedlichsten Bewegungserfahrungen vertraut machen. Eine sportliche „Grundausbildung“ in den unterschiedlichsten Sportdisziplinen kann hier einen guten Rahmen vorgeben. Gerade der Zeitraum vom Vorschulalter bis zur Pubertät ist hier entscheidend. Hier erlernen Kinder die koordinativen Fähigkeiten am schnellsten. Was Kinder in dieser Zeit nicht erlernen, können sie im vorgeschrittenen Alter nur erschwert aufholen. In der ersten Zeit der Pubertät kann es sogar zu einem Rückschritt der koordinativen Fähigkeiten kommen, da der jugendliche Körper vor allem mit dem Wachstum beschäftigt ist und sich erst wieder an den „neuen Körper mit seinen neuen Längenmaßen“ gewöhnen muss. Doch wer die erste „goldene Koordinationstrainingszeit“ versäumt hat, kann dies noch in der zweiten Phase der Pubertät nachholen. Hier beginnt ab ca. 14 – 15 Jahren eine zweite Hochphase, in der die jungen Erwachsenen ihre koordinativen Fähigkeiten leichter erlernen als im späteren Erwachsenenalter. Für ältere Menschen ist es dennoch nie zu spät, um an ihrer Koordination zu arbeiten. Gerade Unternehmen, Pflegeeinrichtungen, Kindergärten und Schulen sollten das Angebot von ausgebildeten Trainern nutzen, um ihre „Schützlinge“ optimal zu fördern und deren koordinative Fähigkeiten stetig zu verbessern und ihnen somit ein höhere Lebensqualität zu ermöglichen.
Quellen:
- „Förderung der geistigen Fitness bei Schülerinnen und Schülern durch koordinative Übungen“ (Sportunterricht (2011) Schorndorf, Herft 10)
- „Optimales Training“ (Weineck, 2010), Spitta Verlag